Ø ...in der
Natur: Bakterien besitzen eine
zentrale Bedeutung in ökologischen Stoffkreisläufen in denen sie die Rolle der Destruenten einnehmen.
Stoffkreislauf in der belebten Natur: Aufnahme von CO2
und H2O durch Produzenten und Assimilation zu Biomasse
(Zellkohlenstoffe = Zucker). Hierdurch entsteht Biomasse als Nahrungsquelle
primärer Konsumenten (Organismen, deren Nahrungsgrundlage pflanzliche
Primärproduzenten sind). Diese wiederum dienen Konsumenten höherer Ordnung als
Nahrungsquelle. Bei Absterben von Lebewesen kommt es zur Remineralisation
der anorganischen Stoffe durch Bakterien (bzw. saprophytische
Mikroorganismen, dies können auch Pilze sein). Die dabei freiwerdenden
Mineralien werden wieder in den Stoffkreislauf eingespeist und dienen damit als
Grundlage für die erneute Assimilation von Biomasse durch die Produzenten. Die
meisten Bakterien gehören zu solchen Arten, die in der Umwelt vorkommen und
dort saprophytär leben. Nur ein vergleichsweise geringer
Teil der bekannten Bakteriearten tritt als Krankheitserreger in Erscheinung.
Ø ...in
Lebensmitteln. Lebensmittel sind nie
steril, eine Besiedlung durch diverse Mikroorganismen ist vollkommen normal.
Man sollte auch die Rolle von Mikroorganismen (Bakterien und Pilze) in der
Lebensmittelindustrie nicht unterschätzen (Herstellung von Käse, Joghurts,
etc., alkoholische Gärung). Dennoch können Mikroorganismen auf oder in
Lebensmitteln unter Umständen zu Erkrankungen führen. Beispiele mikrobieller Besiedlung von Lebensmitteln mit dem
Potential, Erkrankungen auszulösen sind Salmonellen in Geflügel oder anderen
tierischen Produkten, das Vorkommen von Mycobacterium
bovis oder anderen Erregern wie Listerien in Rohmilchprodukten, Listerien
auf Salaten oder an Räucherlachs, etc.
Ø ...beim
Menschen: Überblick über das zahlenmäßige Vorkommen von
Bakterien bzw. Mikroorganismen beim Menschen. Diese Flora wird als Normalflora bezeichnet, viele Elemente dieser Normalflora erfüllen
die Kriterien eines Symbionten,
andere werden lediglich als Kommensalen angesehen (die Unterscheidung zwischen
Symbionten und Kommensalen ist nicht immer einfach!).
Die Dichte der Besiedlung mit der Normalflora variiert in Abhängigkeit vom
Individuum und von der Lokalisation. Einer relativ geringen Dichte von ca. 103
Bakterien/cm2 im Gehörgang steht eine Dichte von ca. 1012
Bakterien bzw. Pilzen pro Gramm Stuhl im Dickdarm gegenüber. Einige Kompartimente/ Organe des Menschen sind strikt frei von
physiologischer Flora, hierzu zählen Blut, Liquor, Hirn
und einige weitere. Das Vorkommen von Mikroorganismen in diesen primär sterilen
Bereichen stellt damit immer eine Infektion dar, die Mikroorganismen
selbst werden als Parasiten (bzw.
Krankheitserreger) bezeichnet (siehe auch Kap. 7.1. Möglichkeiten der
Interaktion ...). Ein Teil der den Menschen
besiedelnden Bakterien ist fakultativ pathogen. Während diese Bakterien beim
immunkompetenten Menschen im Regelfall keine Erkrankung hervorrufen, können Sie
unter bestimmten Bedingungen (Immunsuppression) krankheitsauslösend
sein.
Abb. 5: Staphylococcus aureus, isoliert von der
Nasenscheidewand eines Keimträgers. (Photo: Winter, Medienzentrum HD)
Die
Zuordnung ob ein Mikroorganismus ein Parasit oder Symbiont ist, ist nicht
statisch. So können die ansonsten symbiontischen E. coli der
Darmflora Harnwegsinfektionen hervorrufen und sind unter diesen Umständen eher
als Parasiten zu bezeichnen.
Schwierigkeiten
kann in der Praxis auch die Zuordnung eines Mikroorganismus zu einer
Infektionskrankheit bereiten. Um bei einem Auftreten eines bis dahin
unbekannten Mirkoorganismus den Zusammenhang mit einem Krankheitsbild zu
beweisen müssen die sogenannten Koch-Henle`schen Postulate
erfüllt werden. Diese sind keineswegs historisch. Zuletzt musste während der
SARS Epidemie der Nachweis erbracht werden, dass ein bestimmtes Corona-Virus
der für SARS verantwortliche Erreger war. Nur wenn ein Erreger sicher als
Ursache einer bestimmten Infektionskrankheit nachgewiesen ist, können sinnvolle
Strategien zur Behandlung und/oder Prävention (etwa Entwicklung von
Impfstoffen) erarbeitet werden.
Koch-Henle`sche Postulate (vereinfacht):
I.) Der Mikroorganismus muss regelmäßig im infizierten
Körper vorkommen.
II.) Der Mikroorganismus muss in Reinkultur aus dem
infizierten Körper isoliert werden können.
III.) Es muss möglich sein, mit dieser Reinkultur ein
identisches/vergleichbares Krankheitsbild wieder zu erzeugen.
Der
größte Teil der Pilze in den gemäßigten Zonen hat keine oder nur eine geringe
medizinische Bedeutung. Nur wenige Pilze sind tatsächlich obligat pathogen.
Dennoch kann man einige wesentliche Bereiche benennen, in denen Pilzen eine
medizinische Bedeutung zukommt:
►
Produzenten von Toxinen (z.B. das Aflatoxin),
►
Allergieauslöser (vor allem Schimmelpilzsporen),
►
Erreger systemischer oder lokaler Mykosen (in Mitteleuropa zwar noch selten
aber mit zunehmender Tendenz) und
►
Produzenten natürlicher antibiotischer Substanzen
(z.B. Penicillin aus Penicillium notatum).
Bewährt
hat sich die Einteilung der Pilze in Dermatophyten, Hefen (= Sprosspilze) und
Schimmelpilze (als DHS System abgekürzt). Diese Einteilung ist jedoch rein
medizinischer Natur und spiegelt keine systematisch begründete Einteilung
wieder.
Abb. 6: Beispiel für die
Mikromorphologie von Schimmelpilze (Konidienträger
von Aspergillus fumigatus.) |
Abb. 7: Beispiele für die
Mikromorphologie von Sprosspilze (fadenförmiges Pseudomycel
und kreisrunde, terminale Chlamydospore von Candida albicans) |
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PM CS |
Bacteriophagen sind Viren —unbelebte infektiöse Partikel— die zur Vermehrung auf eine
Bakterienzelle angewiesen sind. Die Bacteriophagen
lassen ihr Erbgut in das der Wirtszelle integrieren und lassen sich so
vermehren. Unter bestimmten Umständen können so dem Wirtsbakterium zusätzliche
Eigenschaften verliehen werden. Beispiele hierfür sind die Erreger der
Diphtherie (Corynebacterium diphtheriae),
die nach Lysogenisierung mit einem Bacteriophagen das Diphtherietoxin
produzieren. Streptococcus pyogenes erhält durch einen Bacteriophagen das Gen für das Scharlachtoxin.
Bedeutung bei
der Transduktion
Abb. 8: Schematischer Aufbau von Bacteriophagen
Viren, die nicht auf Bakterien als Wirtszellen angewiesen
sind sondern auf eucaryontische Wirtszellen sind für
die medizinische Mikrobiologie von hohem Interesse. Virus-bedingte
Krankheiten wie das durch HIV ausgelöste Immunschwächesyndrom AIDS haben in den
zurückliegenden Jahrzehnten zu einem Umdenken in der Gesellschaft im Hinblick
auf das Sexualverhalten geführt und damit ebenfalls (wie für die à Pest im Mittelalter besprochen) zu z.T.
tiefgreifenden —wenn auch zeitlich begrenzten—
gesellschaftlichen Veränderungen geführt. Diese gesellschaftlichen Veränderungen
durch Infektionserreger werden bei der folgenden Gruppe infektiöser Partikel
besonders deutlich:
Abb. 9: Schematischer Aufbau eines human-pathogenen
Adenovirus (Keratoconjunctivitis epidemica)
(infektiöse
Partikel, die soweit man heute annimmt keine Nukleinsäure enthalten und sich
durch eine außergewöhnliche Temperatur Resistenz hervorheben)
Prionen-asszierte Erkrankungen sind seit längerem bekannt, wurden früher allerdings als Slow Virus Infektionen bezeichnet. Hierzu
zählen das auf Papua Neuguinea lange Zeit endemische Kuru
(neurodegenerative Erkrankung deren Ursache in kanibalistischen
Beerdigungsriten lag), Creutzfeld-Jacob-Erkrankung
(CJD) mit einer normalen Erkrankungshäufigkeit von etwa 0,1 auf 100.000
Menschen, Scrapie, bekannt als Traberkrankheit bei
den Schafen sowie die vor einigen Jahren beschriebene bovine
spongiforme Enzephalopathie
(BSE). In Nordamerika werden zurzeit vermehrt
BSE-ähnliche Erkrankungen bei Weißwedelhirschen sowie einige Fälle einer Creutzfeld-Jacob-ähnlichen Erkrankung bei Jägern beschrieben. (vergl. hierzu z.B. http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,209178,00.html)
Ein
möglicher Zusammenhang mit dem Verzehr von Rindfleisch von BSE erkrankten
Rindern und dem Auftreten einer neuen Variante der CJD wird immer noch
diskutiert. Eindeutige Beweise für einen Zusammenhang oder aber gegen einen
Zusammenhang stehen noch aus. Prinzipiell sind Prionen
aber übertragbar. So sind iatrogene Übertragungen von Prionen
aus Hirnen CJD Erkrankter auf andere Patienten beschrieben.