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Autovakzine-Projekt

Beim nachfolgenden Text handelt es sich um Auszüge meiner Habilitationsschrift in abgeänderter Form. Aus dem Text lassen sich keine Behandlungsempfehlungen ableiten. Alle Angaben zu therapeutischen Impfstoffen, Medikamenten etc. sind ohne jede Gewähr!

Zum Thema Autovakzine / autogene Vaccine siehe auch die deutsch-sprachige website http://www.autovaccine.de und die englisch-sprachige website zum EU-Projekt Autovakzine:

Autovakzinen sind keine Impfstoffe im Sinne der modernen Definition (also der Prävention von Infektionskrankheiten dienende Vakzinen) sondern gehören im weiteren Sinne zu den therapeutischen Impfstoffen. Tatsächlich handelt es sich bei der Autovakzination um ein schulmedizinisches Verfahren der ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts, im Prinzip zurückgehend auf KOCH`s Versuche zur Therapie der Tuberkulose mittels Tuberkulin (GRADMANN 1999). Das Prinzip der Herstellung von Autovakzinen war dabei immer, den ätiologisch für eine Erkrankung verantwortlichen Mikroorganismus zu isolieren, in Reinkultur zu nehmen und nachfolgend zu inaktivieren. Die auf diesem Wege hergestellte Vakzine wurde dem Patienten dann in der Regel subcutan verabreicht.

Geschichte der Autovakzine:

Beginnend mit der Begründung der modernen Mikrobiologie durch Robert KOCH wurde klar, dass viele Krankheiten keine konstitutionellen Erscheinungen sondern Infektionen durch Mikroorganismen darstellen. Mit dem Verständnis der Ätiologie infektiöser Erkrankungen begann auch die Entwicklung von Strategien um Infektionserreger zu bekämpfen. Die Entwicklung antibiotisch wirksamer Präparate steckte erst in den Anfängen (z.B. Entwicklung des Salvarsans durch Paul EHRLICH). Koch selber, nachdem er die Ätiologie der Tuberkulose als Infektionskrankheit bewiesen hatte, „trachtete“ nach einem Heilmittel für die damals auch als Phthisis bezeichnete Tuberkulose welches er im Tuberkulin gefunden zu haben glaubte. Obgleich diese Annahme Koch`s zu seinem größten wissenschaftlichen Irrtum führte (GRADMANN 1999) kann dieser Gedanke doch als der Beginn der Autovakzinierung angesehen werden, auch wenn, wie ALLEN (1914) ausführt, dieser Fehlschlag KOCHS noch Jahrzehnte später für den im Vergleich zu anderen Ländern zögerlichen Einsatz der Autovakzine in Deutschland mit verantwortlich zeichnete.

In den folgenden Jahren etablierte sich in Europa wie in Nordamerika die Lehre von der Vakzintherapie, deren Ansatz die Therapie infektiöser Erkrankungen mittels der Autovakzine oder Lagervakzine war. Ziel der Vakzintherapie war, die schützenden Antikörper gegen einen Erreger hervorzurufen und damit die Widerstandsfähigkeit des Wirtes zu erhöhen (ALLEN 1914). Zielgerichtete Autovakzinen (engl. autovaccine, autogenous vaccine) wurden aus dem vom Patienten isolierten Erreger selbst hergestellt während Lagervakzinen (engl. stock vaccines) aus Kulturen mehrerer verschiedener Stämme eines Infektionserregers (damit polyvalent) zur Bevorratung und zum schnellen Einsatz hergestellt wurden. Lagervakzinen wurden zu Beginn des Jahrhunderts industriell gefertigt und vertrieben, beispielsweise über das Wimpole Institut in Dohna bei Dresden (vergl. Abb. 1). In Ermangelung geeigneter präventiver Impfstoffe bzw. antibiotischer Substanzen zur Therapie bakterieller Infektionskrankheiten kam die Vakzintherapie bei nahezu allen damals als Infektionskrankheiten bekannten Infektionen zur Anwendung. Neben den weit verbreiteten Infekten wie Akne, Furunkulosis, Erkrankungen der Harnwege und Atemwegserkrankungen (ADLER-RACZ 1926; ALLEN 1914, CLARK 1924; VALE & POTVIN 1917) wurden therapeutische Autovakzinen oder Lagervakzinen auch zur Behandlung von Parodontalerkrankungen (z.B. MCGEHEE 1912; CASTO 1925; LOSE & FOURE 1935) und sogar zum Versuch der Heilung der Tuberkulose (ALLEN 1914) eingesetzt. Der Erfolg der Vakzintherapien wurde sehr unterschiedlich beurteilt. Während man bei der Behandlung von Abszessen mit Autovakzinen bzw. Lagervakzinen gute Erfolge beobachtete, wurden die Erfolgsaussichten der Autovakzine zur Behandlung von Sekundärinfektionen der Tuberkulose sehr zurückhaltend bewertet. CASTO (1925) streicht den offensichtlichen Nutzen der Autovakzine zur Behandlung parodontaler Infektionen heraus („beneficial results have been vouched for by excellent authorities“), wohingegen APPLETON (1930) in seiner Beurteilung des Nutzens von Autovakzinen, insbesondere zur Behandlung der Pyorrhea alveolaris (= eitrige Parodontitis marginalis), zurückhaltend bleibt. LOSE & FOURÉ (1935) schließlich gaben der Autovakzine in Fällen von Parodontalerkrankungen (wobei die Pyorrhea alveolaris und die (engl.) periodontoclasia gleich gesetzt wurden) einen gewissen Stellenwert wenn sie begleitend zum Ausschaben der Zahntaschen angewendet wurde. Die zum Teil konträren Ansichten und Beobachtungen zum Nutzen der Autovakzine in diesen Fällen lassen sich zurückblickend wohl auch darauf zurückführen, dass die Ätiologie gerade der Parodontalerkrankungen zur damaligen Zeit noch nicht hinreichend geklärt war. Im Allgemeinen wurden der Autovakzine in den ersten Dekaden des 20 Jahrhunderts aber vorteilhafte Wirkungen attestiert (ALLEN 1914).

Dennoch wurden bereits wissenschaftliche Bestrebungen unternommen, um die immunologische Basis der Wirkung der Autovakzine zu verstehen. Zu erwähnen sind hier die Arbeiten zu Veränderungen im Blutbild bzw. der Leukozytenzahl (FUSS 1925; HALBE 1926). In jüngster Zeit wurden kaum Untersuchungen zum Wirkungsmechanismus durchgeführt. Bis heute ist weder ein Wirkungsmechanismus der Autovakzine vorgeschlagen worden noch wurde mit modernen Methoden der Immunologie die Wirkungsweise der Autovakzine bei chronischen oder rezidivierenden Infektionskrankheiten untersucht.

Die Autovakzine in der modernen Humanmedizin

Das Prinzip der Autovakzine-Herstellung und deren Applikation hat sich bis heute nicht grundlegend verändert. Mit zunehmendem Einfluss der Antibiotika bzw. antimikrobiell wirksamer Substanzen schwanden Autovakzinen jedoch weitgehend aus der Humanmedizin. Heute finden Autovakzinen in der medizinischen Literatur nur noch vereinzelt Erwähnung. In osteuropäischen Ländern scheint, anders als in Mittel- und Westeuropa sowie den USA, die Autovakzine immer noch eine regelmäßig angewandte therapeutische Alternative zu sein. Beschrieben werden, zumeist im Rahmen von case reports, unter anderem die Autovakzination zur Behandlung der Sinusitis bei Kindern (OKRASINSKA-CHOLEVA 1994), die Behandlung von durch Staphylokokken hervorgerufenen chronischen Osteomyelitiden (in Verbindung mit weiteren therapeutischen Maßnahmen wie antibiotischer Behandlung - BOLOCZKO & BLADOWSKI 1994; SOLOGUB 1992) und die Behandlung der Acne vulgaris (RUBISZ-BRZEZINSKA 1992).

Bei der Therapie Virus-assoziierter Infektionen wird in der Literatur vorwiegend der Begriff der autogenen Vakzine (engl. autogenous vaccine) verwendet. Einige ältere Arbeiten haben sich mit dem Nutzen der autogenen Vakzine zur Behandlung der Condyloma accuminata, ausgelöst durch humane Papillomviren, befasst (z.B. BIBERSTEIN 1940; POWELL et al 1970, ABLIN & CURTIS 1975, ABCARIAN et al 1976, ABCARIAN & SHARON 1977, ABCARIAN & SHARON 1992). Der therapeutische Nutzen wird ebenfalls kontrovers diskutiert. ABCARIAN & SHARON (1992) behandelten im Laufe von sieben Jahren 200 Patienten (120 mit primären und 80 mit rezidivierenden Genitalwarzen) und erzielten bei 84% der behandelten Patienten offenbar gute Resultate. MALISON et al (1992) beobachteten bei insgesamt 34 Patienten in einer doppelblinden Studie, dass -unter Einbeziehung der Krankheitsdauer- Autovakzinen zur Behandlung von Genitalwarzen nicht signifikant bessere Resultate erbringen als die Behandlung mit Placebos.
Den aus der Humanmedizin publizierten und beschriebenen Anwendungen der Autovakzine bzw. autogenen Vakzine ist jedoch gemein, dass das jeweils vorliegende Datenmaterial nicht ausreicht, um eine wissenschaftlich fundierte Aussage bezüglich des Nutzens der Autovakzination zuzulassen. Wirksamkeitsprüfungen mit einer größeren Stichprobe von Patienten liegen nicht vor oder sind, wie das Beispiel der Genitalwarzen zeigt, umstritten.

Autovakzinen - Indikation in der Humanmedizin

Zur Blütezeit der Autovakzinen, hauptsächlich in den ersten beiden Dekaden des 20. Jahrhunderts, stellte die Autovakzine eine fest etablierte Schulmedizinische Behandlung für die meisten Infektionskrankheiten dar. Erst mit ihrem nahezu vollständigen verschwinden aus der Humanmedizin und dem nun einsetzenden wiedererwachenden Interesse an Autovakzinen stellt sich für die Humanmedizin ernsthaft die Frage nach Indikationen für den Einsatz für Autovakzinen. Diese Indikationen lassen sich zum Teil aus den Erfahrungen der vorliegenden Arbeit, zum Teil aus der wenigen verfügbaren Literatur und zum Teil aus dem gedanklichen Austausch mit Kollegen, nicht nur aus dem osteuropäischen Raum, definieren.

Nahezu klassisch ist dabei die Therapie-resistente Infektion durch S. aureus mit den Indikationen Abszessbildung, Karbunkulose, Furunkulose in ihrer jeweils rezidivierenden Form (vergl. HEYLL & WACHAUF 1997). Die Autovakzinierung bei dieser Art von Erkrankungen spielt sicherlich die Hauptrolle, die Betrachtung aber alleine auf dieses Feld zu beschränken würde der Autovakzine nicht gerecht.

Prinzipiell sind Autovakzinen als Alternative oder in Ergänzung zur antibiotischen Therapie auch bei einer Reihe von weiteren Indikationen als durchaus hilfreich anzusehen. Hierzu zählen die Beeinflussung von Infektionen durch Gram-positive wie Gram-negative Erreger im diabetischen Gangrän (GIEDRYS-KALEMBA, in literi), der Behandlungsversuch bei Infektionen der ableitenden Harnwege (Harnwegsinfekte durch Gram-negative wie E. coli, P. aeruginosa oder Gram-positive wie Enterokokken), Sinusitiden und Otitiden (P. aeruginosa; GIEDRYS-KALEMBA, in literi, CHYLAK, in literi) oder auch Osteomyelitiden, ausgelöst durch S. aureus, wie sowohl in der Literatur berichtet (BOLOCZKO S & BLADOWSKI, 1994; SOLOGUB 1992) bzw. in Vorbereitung auf das geplante EURO-ATVo:CARD Projekt mitgeteilt (HECZKO, in literi).

Weitere Informationen sowie das Literaturverzeichnis auf der Seite des EU-Projekts Autovakzine oder beim Autor der website (contact)

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